Heizen – CO2 – Sparen
© by Dr. Engin Bagda

Lüften, wie viel kostet gute Luft

Ermitteln der Luftwechselrate und CO2-Konzentration

 

Ein großer Anteil der Heizkosten geht auf das Konto von Luftwechsel zwischen innen und außen (siehe „Energiebedarf Heizen“ und „Energieverbrauch Heizen – Zuordnung der Kosten“. Der Luftwechsel wird mit der Luftwechselrate mit der Dimension 1/Stunde (1/h) quantifiziert. Eine Luftwechselrate von 1 1/h bedeutet, dass innerhalb von einer Stunde die Luft im Raum 1x ausgetauscht wird. 

Die Luftwechselrate ist davon abhängig, wie und wie oft gelüftet wird. Sie ist auch von der Dichtigkeit der Fenster und Türen abhängig. Über die Jahre hat sich die Dichtigkeit der Fenster und Türen immer weiter verbessert, so dass in Regelwerken die Annahme für die Luftwechselrate mit der Zeit von 1 1/h, über 0,8 1/h auf 0,5 1/h vermindert wurde. Heute ist es durchaus möglich Gebäude mit einer Luftwechselrate kleiner als  0,2 1/h zu konzipieren.

Eine zu geringe Luftwechselrate birgt in sich die Gefahr einer zu hohen Belastung der Raumluft mit gesundheitsschädlichen Substanzen oder krankheits­erregenden Teilchen aber auch ganz „banal“ mit CO2, von der wir persönlich pro Stunde etwa 16 Liter ausatmen.

Berechnung:
Der erwachsene, „durchschnittliche“ Mensch hat ein Atemvolumen von ca. 0,5 Liter und atmet in der Minute etwa 15x. Seine Atemluft hat 3% bis 4% CO2. Daraus resultiert pro Stunde und Person eine CO2-Emission von ca. 16 Liter (Gleichung 1).

          CO= 0,5 ∙ 15 ∙ 60 ∙ 0,035 ≅ 16  LiterPerson∙Stunde                                        (1)

          CO2      : CO2-Emission in Liter/(Person·Stunde)
           0,5       : Atemvolumen einer Person in Liter
           15        : Atemfrequenz in 1/Minute
           60        : Umrechnen von Minute/Stunde
           0,035   : CO2-Konzentration in der Atemluft in Liter CO2/Liter Luft

Ist die CO2-Emision bekannt, zum Beispiel nach Gleichung 1 mit 16 Liter/Stunde und Person, kann die CO2-Konzentration in Abhängigkeit der Luftwechselrate nach Gleichung 2 berechnet werden.

Berechnung:

            cCO2 16  ∙ AnzahlPersonen  ∙ nLuftwechsel  ∙ vRaum + 0,400      in Liter CO2/m3                                             (2)

            cCO2             : CO2-Konzentration im Raum in Liter CO2/m3 Luft
            16                 : CO2-Emission pro Person in Liter/Stunde
            AnzahlPersonen  : Anzahl der Personen in einem Raum
            nLuftwechsel   : Luftwechselrate in 1/Stunde
             vRaum          : Volumen des Raumes in m3
            0,400            : CO2-Konzentration der Außenluft in Liter CO2/m3 Luft  

Die CO2-Konzentration ist ein gutes Indiz für die Luftwechselrate einer Wohnung und kann heute relativ einfach mit Geräten im zweistelligen EURO-Bereich gemessen und nach Gleichung 3 die Luftwechselrate berechnet werden.

Berechnung:

            nLuftwechsel 16 ∙ AnzahlPersonen ∙ (cCO2 - 0,400) ∙ vRaum      in 1Stunde                                           (3)

            nLuftwechsel          : Luftwechselrate in 1/Stunde
            16                        : CO2-Emission pro Person in Liter/Stunde
            AnzahlPersonen     : Anzahl der Personen in einem Raum
             cCO2                    : CO2-Konzentration im Raum in Liter CO2/ m3 Luft
             0,400                   : CO2-Konzentration der Außenluft in Liter CO2/ m3 Luft
             vRaum                  : Volumen des Raumes in m3
           

Die Außenluft hat eine CO2-Konzentration von 380 ppm bis 450 ppm. „ppm“ bedeutet Parts per Million.  Demnach enthält 1 m3 die Luft außen 0,380 Liter bis 0,450 Liter CO2. In Innenräumen ist eine CO2-Konzentration bis 800 ppm sehr gut, bis 1200 ppm in Ordnung. Über 2000 ppm sollte man unbedingt lüften.

Um die Veränderung der CO2-Konzetration beispielhaft zu demonstrieren wurde die CO2-Konzentration in einer Wohnung über 10 Tage im 5-Minutentakt mit einem NDIR-Sensor der Firma Trotec BZ30 gemessen. Das Ergebnis ist in Abbildung 1 wiedergegeben.

 

Abbildung 1: CO2-Konzentration über 10 Tage, die Pfeile markieren etwa 07:00 Uhr morgens

 

In dieser Wohnung waren überwiegend einige Fenster gekippt, ohne dass ein Durchzug entstand. Tagsüber ändert sich die CO2-Konzentration je nach Nutzung der Wohnung im Mittel zwischen 900 ppm und 1000 ppm. Bei Nutzung der Terrassentüre geht die CO2-Konzentration mittags runter, und abends bei geschlossenen Fenstern bis zu 1400 ppm hoch. Übernacht sank die CO2-Konzentration kontinuierlich auf etwa 700 ppm ab, da einige Fenster gekippt waren.

Die Luftwechselrate dieser Wohnung mit 100 m2 Wohnfläche, 2,50 m Raumhöhe, das heißt mit einem Volumen von 250 m3 bewohnt von 2 Personen kann mit Gleichung 3 berechnet werden. Ausgehend von einer mittleren CO2-Konzetration von 900 ppm bis 1000 ppm ist das (gerundet) eine mittlere Luftwechselrate von 0,3  1/Stunde. Das sind, wie unten berechnet 166 EURO für die Heizperiode.

Berechnung:

Eine Luftwechselrate von 0,3 pro Stunde bedeutet ist für diese Wohnung mit 250 m3 Volumen ein Luftwechsel von:

                     0,3 1/Stunde  250 m3 = 75 m3/Stunde 

Der Luftwechsel auf den Tag bezogen ist:

                    75 m3/Stunde 24 Stunden = 1800 m3/Tag

Luft hat eine Wärmekapazität von 0,00033   kWh/(m3·°C). Das heißt um 1 m3 Luft um 1 °C zu erwärmen braucht man 0,00033 kWh. Um 1800 m3 Luft pro Tag um 1 °C aufzuwärmen braucht man demnach:

                    1800 m3 0.00033 (kWh/m3·°C) = 0,594 kWh/(Tag·°C)

Bei angenommenen 3500 Heizgradtagen wären das bei einem Gaspreis von 0,08 EURO/kWh:

                     0,594 kWh/(Tag·°C) 3500 Tag·°C 0.08 EURO/kWh = 166 EURO/Heizperiode.

Bei 4 Personen würden sich für diese Wohnung die Kosten von 166 EURO verdoppeln, da 4 Personen doppelt so viel CO2 emittieren und man doppelt so viel lüften müsste, um die CO2-Konzentration unter 1000 ppm zu halten. Eine höhere CO2-Konzentration und damit eine höhere Konzentration an Schadstoffen zu akzeptieren, sollte keine Alternative zum Lüften sein.

Eine Alternative könnte sein, mit einer Lüftungsanlage beim Luftwechsel der verbrauchten warmen Luft Wärme zu entziehen und mit dieser Wärme die frische Luft von außen zu erwärmen. Das kostet zwar Strom aber könnte eine Ersparnis mit sich bringen, was mit den Leistungsdaten der Lüftungsanlage berechnet werden kann.

Mit den Heizgradtagen Ihres Standortes, das im Protokoll von Rechnen gegeben wird, können Sie entsprechend dem Beispiel oben und Gleichung 3 berechnen, was „gute“ Luft in Ihrer Wohnung in der Heizperiode kostet. (Erklärungen zu Heizgradtagen siehe „Heizgradtage, wie kalt ist der Winter“, beziehungsweise „Energieverbrauch Kosten – Zuordnung der Kosten“).

Bemerkung:
Eigene Messungen zeigen, dass das beim „Stoßlüften“ die CO2-Konzentration zwar runter geht aber nach dem Schließen der Fenster relativ schnell wieder da ist, wo sie schon vorher war.  Das spricht für eine „dosierte“ kontinuierliche Lüftung, wenn man durchgehend „gute“ Luft haben möchte. Diese Bemerkung widerspricht der landläufigen Meinung, dass „Kipplüften“ nicht effizient ist, das heißt, bei gleicher Frischluftzufuhr teurer ist als Stoßlüften. Nach Gleichung 1 ist es egal, ob Sie innerhalb von 10 Minuten die CO2-Konzentration „stark“ reduzieren, oder 60 Minuten moderat lüften. In beiden Fällen zählt der Luftaustausch pro Stunde, von der die CO2-Konzentration abhängig ist. Es wäre schön, wenn Sie mit eigenen Messungen diese Beobachtungen überprüfen und Ihre Ergebnisse an engin.bagda@gmx.de berichten würden.